3. APRIL 2020

18:12 Uhr

Auf meinen täglichen Streifzügen durch eine menschenleere Stadt bin ich – eher zufällig – auf dieses Prachtexemplar einer exklusiven Rolltreppe gestoßen. Ich befinde mich in den unendlichen Weiten irgendwo zwischen den alten Stationen der Wiener Unterpflaster-Straßenbahn am Wiener Gürtel. Die verästelten Verbindungsgänge ähneln einem Labyrinth. Man fühlt sich in einem Filmsetà la Stanley Kubrick zeitversetzt. Irgendwo angesiedelt zwischen The Shining und Odyssee 2001.

In den Tiefen des Matzleinsdorfer Platzes, bei der Station Kliebergasse befindet sich die wahrscheinlich schmalste und langsamste Rolltreppe Wiens. Man spürt und riecht noch das Flair längst vergangener Tage. Ich muss gestehen, mir ist ein wenig mulmig zumute. Die helle Verfliesung mit den roten Blutspritzern lässt Unheil vermuten. Ich nähere mich langsam. Und plötzlich, wie durch Zauberhand angetrieben, setzt sich dieses Relikt langsam in Bewegung.

Es ist bedrohlich eng auf dem Weg nach oben. Ein träges Schlurfen bringt mich voran, man ist quasi zum Stehen gezwungen. Eine Umkehr nicht möglich. Lange 12 Sekunden brauch ich, bis ich ein Licht am Ende des Tunnels erblicke. Ich atme auf. Für einen Moment fühle ich mich zeitlos und auch irgendwie glücklich.

Die Dinge des täglichen Lebens sind unsichtbar. Sie verschwinden mit dem routinemäßigen Ablauf, dem Immergleichen des Alltags. Unter normalen Umständen wäre mir diese einzigartige Rolltreppe gar nicht aufgefallen. Vielleicht hätte ich sie auch nie gefunden. Egal, was uns in dieser verrückten Zeit noch alles erwartet, ich komme wieder!

Wir müssen so schnell wie möglich handeln und so langsam wie nötig.