WIE ALLES BEGANN
Seit Mitternacht des 16. März 2020 gilt in Österreich das „Coronagesetz“, das der Nationalrat, das österreichische Parlament, am Sonntag in einer Sondersitzung beschlossen hat. Die Straßen sind gespenstisch leer, im ganzen Land gilt eine Ausgangsbeschränkung. Nur wer zur Arbeit muss, die nicht aufzuschieben ist, wer dringend Lebensmittel oder Medikamente besorgen oder jemandem helfen muss, soll das Haus verlassen dürfen. Für mich stand an diesem besagten 16. März fest, dass ich diesen verordneten Ausnahmezustand mit meiner Kamera einfangen werde, wohl wissend, dass kein Zeitpunkt für das Ende der Maßnahmen genannt wurde. Sie galten auf unabsehbare Zeit und niemand konnte sagen, wie lange dieser Lockdown uns beschäftigen wird.
24 TAGE EINSAMKEIT
Das Fotoprojekt „Silent Vienna“ wurde zu einer enormen Herausforderung und Belastungsprobe: physisch als auch psychisch. Es sollten letztendlich 24 Tage werden. 24 Tage, an denen ich jeweils zur blauen Stunde in Wien unterwegs war. Ausgerüstet mit einer Vollformatkamera, einem Weitwinkelobjektiv und einem Notizblock, um das noch nie zuvor Gesehene in allen Facetten zu dokumentieren. Ausgangssperren, leer gefegte Straßen und Plätze und die Kontrolle des öffentlichen Lebens durch die Polizei. Aber auch Schönheit pur, ein Modell von einer Stadt. Und überall diese sonderbare Stille. So hat man Wien noch nie gesehen. Das Fehlen des menschlichen Lebens wirft uns zurück zum Ursprung, zwingt uns, existenzielle Fragen zu stellen, die an unsere Wurzeln rühren.
3.000 FOTOS IM ARCHIV
Die großformatigen Bilder zeigen eine stille, fast menschenleere Stadt, auf ihre äußere Hülle, ihr nacktes Dasein reduziert, pur, fast ohne Menschen und Autos. Die Wirkung ist verblüffend: Eigentlich schon tausendmal Gesehenes wirkt auf einmal fremd und neu, die Konturen treten schärfer hervor. Dass die Bilder nicht ins gänzlich Abstrakte abgleiten, bewirkt das Detail der einzelnen Person, eines Radfahrers/in, eines Kindes, die in der Weite des Raumes – verstärkt durch die extreme Weitwinkel-Perspektive – gleichsam in kafkaesker Einsamkeit zurückbleibt. In allen Fällen ist der Betrachter auf eine Entscheidung angewiesen, die ihn vor die Alternative der bedrückenden Angst oder der endgültigen Befreiung der permanenten Reizüberflutung stellt.
SILENT VIENNA – BUCH
24 TAGE. 348 SEITEN. 220 FOTOS.
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