18. MÄRZ 2020

16:27 Uhr

Der heutige Mittwoch ist ein schöner, sonniger Frühlingstag mit Temperaturen um die 20 Grad. Beste Voraussetzungen für einen ausgedehnten Spaziergang durch die Wiener Innenstadt. Kaum im Zentrum angekommen, erlebe ich die erste Überraschung. Beim Volksgarten stehe ich vor versperrten Toren. Ein Informationszettel der österreichischen Bundesgärten erinnert mich einmal mehr, dass wir uns im harten Lockdown befinden. Da machen umzäunte Parks und öffentliche Einrichtungen keine Ausnahme.

Die Wiener Polizei hat am Vormittag auch gleich dazu aufgerufen, das Frühlingswetter nicht „für ausgedehnte Freizeitaktivitäten im Freien“ zu nutzen. Die verhängten Ausgangsbeschränkungen gestatten nur kurze Wege an der frischen Luft, Sie sind jedoch nicht für ausgedehnte Freizeitaktivitäten im Freien gedacht, wo man potenziell mit unzähligen Menschen in Kontakt kommen könnte. Und: Verstößen gegen die Regeln werden behördlich geahndet. Ich lasse mich davon nicht abschrecken und bewege mich in Richtung Stephansplatz.

Als ich bei der Staatsoper vorbeikomme, zücke ich meine Kamera und mache mehrere Fotos. Zum ersten Mal nehme ich die Architektur bewusst wahr. Entdecke zuvor ungesehenes, wie zwei geflügelte Pferde über der Hauptfassade der mächtigen Loggia. Auch die beiden alten Brunnenanlagen, die das Opernhaus flankieren, entdecke ich für mich. Bei näherer Betrachtung lassen sich unter den allegorischen Figuren gegensätzliche Welten ausmachen. Linker Hand dreht sich alles um Tanz, Freude und jugendlichem Leichtsinn. Zu meiner Rechten stehen Trauer, Liebe und Rache im Mittelpunkt.

Die Entscheidung, an welcher Seite ich meinen Weg fortsetze, fällt mir dennoch schwer. Und stolpere, als hätte ich’s geahnt, direkt in eine Polizeistreife.

Wir wissen, das derzeitige Frühlingswetter macht es besonders schwer, zu Hause zu bleiben. Tun Sie es bitte trotzdem, Ihrer Gesundheit und der anderer zuliebe!