WIEN.13 – 8. Staffel
13. August 2019 – 13. August 2020
#84: FOR FOREST. FOR NATURE
Ab Sonntag ist er nun zu begehen, der „inszenierte“ Mischwald im 30.000 Menschen fassenden Wörthersee Stadion. FOR FOREST steht als Memento mori für ursprüngliche Natur inmitten einer urbanen Spaßarena des heutigen Industriezeitalters. Eine gewagte, aber umso eindrücklichere Kunstinstallation, die in dieser Größenordnung weltweit einzigartig ist. Die ungebrochene Anziehungskraft der Natur fließt auch nahtlos in meine Langzeitstudie WIEN.13 ein. In bisher 84 Bildern wird über sieben Jahre die verändernde Symbiose von Großstadt und Natur thematisiert. Zwei unterschiedliche Projekte, viele Berührungspunkte und eine eindringliche Botschaft: Die Aspekte der Nachhaltigkeit im Hirn der Beschauer*innen zu verwurzeln.
BILD 84 – 13. August 2019, 13 Uhr
FOR FOREST war eine temporäre Kunstintervention von Klaus Littmann, das am 8. September 2019 in Klagenfurt für die Öffentlichkeit geöffnet wurde. 299 rund 14 Meter hohe Bäume wurden im Wörthersee Stadion im Sommer auf das Spielfeld gestellt, die man bis zum 27. Oktober 2019 bei freiem Eintritt ansehen konnte. Auch international wurde dieses Projekt beachtet.
Das Projekt ist inspiriert von Max Peintners Bleistiftzeichnung Die ungebrochene Anziehungskraft der Natur, die 1970/71 gezeichnet worden ist. Mit der monumentalen Installation möchte laut Eigenaussage des Projekts Littmann die menschliche Wahrnehmung der Natur herausfordern und den Blick auf die Zukunft der Mensch-Natur-Beziehung schärfen. Das Projekt versteht sich auch als Mahnmal dafür, dass die Selbstverständlichkeit der Natur eines Tages nur noch in ihr speziell zugewiesenen Gefäßen zu bestaunen sein könnte, wie das bereits heute etwa mit Tieren im Zoo der Fall ist.
#85: GOLDENER HERBST. BESTE ZEIT
Johann Wolfgang von Goethe wusste es bereits. Der Herbst ist immer unsere beste Zeit, sprach der große deutsche Naturforscher, Philosoph und Dichter. Und mit ein bisschen Fantasie ist die Vorstellung nicht allzu weit hergeholt, Goethe hätte diesen Satz gesagt, würde er am Roten Berg die Herbstsonne auf sich scheinen lassen – so wie ich es heute mache, an diesem traumhaft schönen 13. September 2019. Noch riecht die Luft nach Sommer und Heu. Nichts Altes will bleiben, aber vieles ist neu, befindet sich im Wandel und bereitet sich auf die goldene Herbstzeit vor. Im Stillen höre ich noch einmal Goethes Worte: Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah. Lerne nur das Glück ergreifen, denn das Glück ist immer da.
BILD 85 – 13. September 2019, 13 Uhr
#86: IM NEBEL
Seltsam, im Nebel zu wandern! Einsam ist jeder Busch und Stein,
kein Baum sieht den anderen, jeder ist allein.
Voll von Freunden war mir die Welt, als noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt, ist keiner mehr sichtbar.
Wahrlich, keiner ist weise, der nicht das Dunkel kennt,
das unentrinnbar und leise von allem ihn trennt.
Seltsam, im Nebel zu wandern! Leben ist Einsam sein.
Kein Mensch kennt den andern, jeder ist allein.
Hermann Hesse
BILD 86 – 13. Oktober 2019, 13 Uhr
#87: NOVEMBERGEDANKEN
Mein Herz tut sich auf und erkennt die Schönheit der Nebelschleier, gnädig verhüllen sie die Welt, geben ihr etwas Geheimnisvolles. Im Abendlicht funkeln Tropfen wie Glasperlen an feinen Spinnfäden. Ich suche nach Elfen und Waldgeistern in dieser zauberhaften Natur und manchmal habe ich Glück und entdecke ein Waldwesen in einer Baumrinde oder einer vergessenen Blüte. Ich umarme die Bäume, spüre ich Kraft und wünsche mir, dass ich wie sie den Lebensstürmen trotzen kann. Und plötzlich weiß ich: Ich kann! Ich muss es nur wollen und ich will. Dankbar bin ich und demütig. Ich bin eins mit der Natur, sie nimmt mich auf und das wird sie auch tun, wenn meine Erdenzeit zu Ende sein wird. Der Kreislauf des Lebens, es ist die Zeit, in der wir der Verstorbenen gedenken und ihre Gräber schmücken mit Farbe und Licht. Wir tragen sie in uns und sie stehen uns zur Seite, immer, nicht nur im November.
BILD 87 – 13. November 2019, 13 Uhr
#88: GEDANKEN ZUR WEIHNACHT
Weihnachten steht kurz vor der Tür und wenn man so durch die Straßen läuft, hat man das Gefühl, dass die eigentlich so besinnliche Zeit nicht mehr viel mit Entspannung und Genießen zu tun hat, sondern vor allem mit Stress und Hektik. Ein Rennen um die besten Geschenke hat sich rund um das schönste Fest im Jahr entwickelt. Weihnachten, wie es früher einmal war, kennen wir schon fast nicht mehr. Ich jedoch sehr wohl. Schon die Vorbereitungszeit habe ich genossen: Das Hinzählen auf den Weihnachtsabend, die Adventszeit, das gemeinsame Kekse backen und Strohsterne basteln. Überall im Haus lag dieser herrliche Lebkuchen-Duft in der Luft. Ich bekomme heute noch ein wohliges Gefühl, wenn ich an all die Rituale an Heilige Abend denke, wie das Räuchern mit dem Vater, das märchenhafte Kinderprogramm im Fernsehen, die Musik, das Festessen und schließlich der Moment der Bescherung. Unvergesslich, wie sich am Heiligen Abend die Türe öffnete, der Baum im Zimmer stand und die Kerzen brannten. Und Geschenke gab es natürlich auch. Ja, das sind magische Momente, die in Erinnerung bleiben. Und die bei meiner Familie und mir noch heute zelebriert werden. Und dafür bin ich meinen Eltern so ungemein dankbar!
BILD 88 – 13. Dezember 2019, 13 Uhr
#89: EINFACH NUR DANKBAR
Wir nehmen so viele Dinge als selbstverständlich an, wollen immer mehr und immer weiter. Und vergessen dabei, was wir alles schon haben. Wie gut es jedem von uns eigentlich gerade geht. Und dafür dürfen wir dankbar sein. Jeden Tag. Wenn man beinah dreißig Jahre in einer nach wie vor unverbrauchten und wenn nicht teilweise unbekannt gebliebenen Stadt lebt, weil diese wie ein Springbrunnen immer wieder neue Facetten hervorzuzaubern und unerhörte Schönheitsanfälle zu produzieren imstande ist, grenzt das doch an ein Wunder.
BILD 89 – 13. Jänner 2020, 13 Uhr
#90: DAS KLEINE GLÜCK LIEGT AUSSERHALB-DER-ZEIT
Zeit ist Geld, man kann sich Zeit lassen, seiner Zeit voraus sein, sich Zeit nehmen und Zeit haben, Probezeiten enden, Endzeiten haben Startzeit. Zeit ist überall, allzeit gegenwärtig und doch kriegen wir sie nicht gegriffen. Die Zeit sitzt uns im Nacken, während wir der Zeit hinterherlaufen. Kommt Zeit, kommt Rat und die Zeit heilt Wunden. Die Zeit weiß alles, die Zeit kann alles. Außer stillstehen. Nicht ganz. Für mich kommt einmal im Monat eine Zeit, die ich „Mein-Zeit“ nenne und die ich als Zeit, außerhalb der vom Menschen vorgegebenen, empfinde. In der „Mein-Zeit“ finde ich Stille und Ruhe zwischen hektischem Alltag, Verpflichtungen und Terminen. Glück hat ja stets mit einem Außerhalb-der-Zeit-Sein zu tun. Und dieses kleine Glück auf Erden finde ich an jedem 13. um exakt 13 Uhr. Am Gipfel des Roten Berges. Am westlichen Rand der pulsierenden Stadt.
BILD 90 – 13. Februar 2020, 13 Uhr
#91: DÜSTERE AUSSICHTEN
Man kann es kaum glauben, aber am heutigen 13. März 2020 werden weltweit Entscheidungen getroffen, die unser demokratisches Weltbild in den Grundfesten erschüttert. Räumliche Distanzierung und Hygienemaßnahmen werden beschlossen, Veranstaltungsverbote und Beschränkungen in Handel gesetzlich verordnet, Schließungen von Kindergärten, Schulen und Hochschulen anvisiert. Was ist da los? Was passiert da gerade mit uns. Eine Pandemie ist im Anrollen. Ein Virus mit dem kryptischen Namen SARS-CoV-2 verursacht eine tödliche Lungenerkrankung. Und die Welt bereitet einen Lockdown vor. Düstere Aussichten also oder ist alles nur ein schlechter Scherz? Am Roten Berg scheint die Sonne noch nicht vom Himmel gefallen zu sein. Dennoch, heute habe ich wenig Zeit, um zu verweilen. Zu skurril, zu weltfremd ereilen mich im Sekundentakt Nachrichten von mehreren News-Apps von einem aufziehenden Tsunami. Nichts wie heim. Aber noch schnell ein Foto geschossen. Als Erinnerung. An jenen Freitag, den 13., einem Tag, den man wohl in die Geschichtsbücher schreiben wird.
BILD 91 – 13. März 2020, 13 Uhr
#92: ALLE MACHT DEM VIRUS?
Auf der Erde gehen nach und nach die Lichter aus, eine Regierung nach der anderen zieht den Stecker – mit Sicherheit für Wochen, vielleicht für Monate. China hat nicht nur die COVID-19-Pandemie in die Welt gesetzt, sondern steht auch Pate bei deren Bekämpfung. Nur wer ähnlich streng vorgehe wie die Chinesen, könne Corona besiegen, heißt es. Ob das stimmt, ist fraglich. Südkorea und Taiwan waren ebenfalls sehr erfolgreich bei der Seuchenbekämpfung, mussten dafür aber keine Millionenstädte zusperren. Zum wenigen, was man über SARS-CoV-2 weiß, gehört der Umstand, dass es nicht wahllos mordet wie etwa die Spanische Grippe vor 100 Jahren. Es gibt definierbare Risikogruppen, nämlich chronisch kranke und alte Menschen. Vielleicht hätte es gereicht, diese Gruppen besonders zu schützen. Stattdessen werden nun alle Bürger*innen zu massiven Opfern im Dienste einer kleinen Minderheit gezwungen. Ein solches Experiment gab es noch nie. Auf lange Sicht kann das nicht gut gehen.
BILD 92 – 13. April 2020, 13 Uhr
#93: MUSIK AUF DEN BALKONEN
Jede große Krise hinterlässt eine Story, ein Narrativ, das weit in die Zukunft weist. Eine der stärksten Visionen, die das Coronavirus hinterlässt, sind die musizierenden Italiener auf den Balkonen. Die zweite Vision senden uns die Satellitenbilder, die plötzlich die Industriegebiete Chinas und Italiens frei von Smog zeigen. 2020 wird der CO₂-Ausstoß der Menschheit zum ersten Mal fallen. Diese Tatsache wird etwas mit uns machen. Wenn das Virus so etwas kann – können wir das womöglich auch? Vielleicht war das Virus nur ein Sendbote aus der Zukunft. Seine drastische Botschaft lautet: Die menschliche Zivilisation ist zu dicht, zu schnell, zu überhitzt geworden. Sie rast zu sehr in eine bestimmte Richtung, in der es keine Zukunft gibt. Aber sie kann sich neu erfinden. System Reset. Cool down! Lass sie hören: die Musik auf den Balkonen der Stadt.
BILD 93 – 13. Mai 2020, 13 Uhr
MISSING
KEIN BILD – 13. Juni 2020, 13 Uhr
#94: CORONA UND DIE ZEIT DES WANDELS
Nach einer Zeit der Fassungslosigkeit und Angst entsteht langsam eine innere, stabile Kraft. Die Welt hat sich seit dem 16. März verändert. Aber in der Erfahrung, dass wir immer noch da sind, entsteht eine Art Neu-Sein im Inneren. Wandel beginnt als verändertes Muster von Erwartungen, von Wahr-Nehmungen und Welt-Verbindungen. Dabei ist es manchmal gerade der Bruch mit den Routinen, dem Gewohnten, der unseren Zukunftssinn wieder freisetzt. Die Vorstellung und Gewissheit, dass alles ganz anders sein könnte – auch im Besseren. Die kommende Welt wird Distanz wieder schätzen – und gerade dadurch Verbundenheit qualitativer gestalten. Da bin ich mir sicher.
BILD 94 – 13. Juli 2020, 13 Uhr
#95: KEIN SOMMER WIE DAMALS
Für echtes Sommerfeeling fehlt heuer nicht nur das Wetter, sondern vor allem die Unbeschwertheit. Hygienemaßnahmen, Einlass-Beschränkungen und Abstandskontrollen lassen eben keine Sommerfrische wie anno dazumal aufkommen. Es gibt ja zurzeit kaum einen Bereich, von dem nicht prophezeit wird, nach Corona werde „nichts mehr so sein, wie es vorher war“. Nun soll und kann nicht alles bleiben, wie es ist – und das tut es ja ohnedies nicht. Aber es gibt eben noch diese Plätze und Orte, wo man sich zurückziehen kann. Wo man flüchten kann, von der ausgerufenen „neuen Normalität“. Und hier, am Roten Berg kann ich mich bewusst von diesem „temporären Ausnahmezustand“ (mit dem „neuen Normalen“ habe ich sicher nichts am Hut) erholen. Wie das geht? Mit Idylle, Einfachheit und Ursprünglichkeit. Und so schließe ich mein achtes Projektjahr zufrieden und voller Zuversicht ab.
BILD 95 – 13. August 2020, 13 Uhr
DAS BUCH ZUM PROJEKT
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