• WIE IM HIMMEL

UNTER DEN KUPPELN UND GEWÖLBEN VON WIEN

Der Blick richtet sich nach oben. Aus der Enge empor in die Weite, aus der beschränkten Existenz des Sterblichen in himmlische Unendlichkeit. Kuppeln demonstrieren Macht und Herrlichkeit – ob sie nun heilige Orte überwölben oder profane Bauten krönen.

DER BLICK NACH OBEN

Im Verlauf der Geschichte blickte die Menschheit stets in den Himmel, wenn sie sich geografisch oder spirituell orientieren wollte. Wissen wir nicht genau, wohin es gehen soll, dann schauen wir nach oben. Dieser Reflex – uns selbst zu finden, indem wir den Blick gegen den Himmel richten – ist für das Erleben sakraler und profaner Architektur zentral. Kuppeln sind sind sowohl arttypisch als auch einzigartig. Jede ist anders, und doch ist das, was wir unter ihnen empfinden, stets überraschend ähnlich.

GEOMETRISCHE KLARHEIT

Kuppeln sind besondere und geschützte Orte, die von einem genau konzipierten Licht erhellt werden. Wenn wir zu einer Kuppel empor blicken, fühlen wir uns aufgewertet, nahezu erhaben. In gewisser Weise treten wir unter einer Kuppel stehend – in meinem Fall bei den Aufnahmen liegend – aus dem Fluss der Zeit heraus und für einen Moment in die Ewigkeit ein. Die Symmetrie der Kuppel vermittelt Einheit, Geschlossenheit und Konzentration – eine Konstruktion, die weder Anfang noch Ende kennt.

BILDER DES ERHABENEN

Letztendlich sind Kuppel aber auch Abbilder des Himmels mit seinen dazugehörigen Motiven und Assoziationen: himmlischen Wesen, Unendlichkeit, Transzendenz und Erlösung. Wie in meinen fotografischen Studien „Engel“ (2007-1011) und „Heilige Räume“ (2012-2016) thematisiert das Projekt „Wie im Himmel“ das Vermächtnis des Erhabenen in der sakralen und profanen Baukunst. Eine solche Erfahrung kann nur eine Synthese aus Objektiven und Subjektiven sein, aus dem, was wir sehen, denken und fühlen.

DEM HIMMEL SO NAH

Eine Kuppel scheint ein idealer Raum, eine einzigartige Synthese aus Baukunst und Metaphysik zu sein – ein Raum der Fantasie, in der das Volumen als Funktion der Konstruktion enthüllt wird. Aber da ist noch mehr, das man nur beschreiben kann, wenn man unter einer Kuppel steht oder liegt.

WIE IM HIMMEL

01

Friedhofskirche zum Heiligen Karl Borromäus

Die Kirche wurde nach einem 1899 entworfenen Plan von Max Hegele 1908-1910 erbaut. In der Kunstgeschichte weltweit gibt es kein vergleichbares Gesamtkunstwerk zum Thema Tod und Leben, Zeit und Ewigkeit. Mit dieser monumentalen Friedhofskirche spannt Max Hegele einen Bogen vom zeitgenössischen Bau- und Kunstbegriff, über die alte christliche Baukunst, zu den Tempeln und Grabanlagen der Pharaonen im alten Ägypten. Diese Kirche ist die Krönung der gesamten Friedhofsanlage.

Angeblich 999 Sterne bilden den Sternenhimmel in der mächtigen Kuppel – ein Zeichen für die Unendlichkeit Gottes. Das gesamte Kuppelmosaik besteht aus 21.000 Steinen und entfaltet seine imposante Raumwirkung auf über 58 Meter Höhe.

WIE IM HIMMEL

02

Michaelerkuppel der Hofburg

Jeder Herrscher der Habsburger Kaiserfamilie versucht der Wiener Hofburg seinen baulichen Stempel aufzudrücken. Und so entsteht im Laufe der Jahrhunderte ein weitläufiger Komplex, der sich mit seinen 18 Trakten, 19 Höfen, 54 Stiegen und 2.600 Räumen auf über 240.000 qm erstreckt.

Nach einer über 150 Jahre dauernden Planungs- und Baugeschichte wurde ausgehend von den Entwürfen von Joseph Emanuel Fischer von Erlach aus dem Jahre 1725 die heutige Form 889-1893 hergestellt. Die berühmte und weithin sichtbare kupferblechgedeckte und goldverzierte Kuppel ist der Blickfang des Michaelertraktes. Die Außenhöhe beträgt 54 Meter, innen ist sie 35 Meter hoch. Vergitterte, ovale Lichteinlässe, sogenannte Ochsenaugen, sorgen dafür, dass das Innere der Kuppel vom Tageslicht erleuchtet wird.

WIE IM HIMMEL

03

Pfarrkirche Gatterhölzl

Jeder In der Barackensiedlung des Gatterhölzl-Kriegsspitals wurde 1915 eine hölzerne Kirche errichtet. Die heutige Kirche ist ein Rundbau, errichtet 1959, und erinnert an eine orthodoxe Kirche. Die Kirche und ihre Umgebung liegen auf der flachen Kuppe des Grünen Berges an der Bezirksgrenze von Meidling zu Hietzing, nahe dem Gelände von Schloss Schönbrunn.

Der Zentralbau ist in Anlehnung an byzantinische Vorbilder von einer Tambourkuppel bekrönt und von zwei Glockentürmchen mit Spitzhelm flankiert. Rundbogig in die Kuppel einschneidend und frontseitig in drei Achsen befinden sich Glasfenster von Heinrich Tahedl, das zwölfteilige Kuppelrelief sowie der geschnitzte Kreuzweg stammen von Josef Papst.

WIE IM HIMMEL

04

Kirche St. Anton von Padua

Die Antonskirche ist ein monumentaler und repräsentativer Bau, der in einem historisierenden romanisch-byzantinischen Baustil errichtet wurde. Ursprünglich wollte sich der Architekt stärker am Markusdom von Venedig orientieren und einen Bau mit vier niedrigeren Kuppeln und einer Vierungskuppel schaffen. Die hohen Baukosten zwangen ihn aber zu sparen, wodurch nur eine große Vierungskuppel realisiert wurde. Es handelt sich um den größten Kirchenbau des 10. Bezirkes.

Dominierend ist die 48,5 Meter hohe Vierungskuppel im Zentrum des Gebäudes, die eine 4 Meter hohe segnende Christusstatue trägt. Sowohl der Chor als auch die Querschiffe besitzen große Apsiden. Der imposante Kirchenraum fasst mehr als 3.000 Personen.

WIE IM HIMMEL

05

Altlerchenfelder Pfarrkirche

Die Altlerchenfelder Kirche zu den Sieben Zufluchten ist die drittgrößte Kirche in Wien. Sie ist ein besonderes Baujuwel aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und kunsthistorisch sehr interessant. Ihre architektonische Bauweise fällt in die Zeit der prunkvollen Ringstraßen-Bauten und steht im Umbruch zwischen Klassizismus und Historismus.

An der Errichtung waren mehrere Architekten beteiligt. Federführend war wohl der Architekt Eduard van der Nüll. Beeindruckend ist die üppige Ornamentik und die dekorativen Säulen und vor allem der azurblaue Sternenhimmel. Die gesamte Schöpfungsgeschichte ist in den Fresken abgebildet. In der Verbindung zwischen Architektur, Malerei, Ornamentik und orientalisierenden Elementen ist sie ein Gesamtkunstwerk.

WIE IM HIMMEL

06

Universitätskirche (Jesuitenkirche)

Betritt man die Kirche, wird man überrascht sein, wie sehr ein Raum strahlen kann, obwohl nur so wenig Licht in ihn durchdringt. So ist die Kirche, im Gegensatz zu anderen Gotteshäusern, nämlich nicht nach Osten, sondern nach Norden ausgerichtet. Der berühmte Künstler Andrea Pozzo hat es aber geschafft, den Innenraum so zu gestalten, dass dem Besucher das wenige Licht gar nicht auffällt.

Ein grossartiges Meisterwerk sind die Deckenfresken im Langhaus und im Chor. Es ist grösstenteils perspektivisch illusionistische Malerei, wovon der faszinierendste Teil die grosse Scheinkuppel darstellt, auf welcher eine Laterne Licht einfallen lässt und an dessen Ende der allmächtige Schöpfer erscheint. Die Tiefenwirkung des Gemäldes ist einzigartig.

WIE IM HIMMEL

07

Dominikanerkirche

Die Dominikanerkirche wurde 1634 als früheste Barockkirche Wiens auf jener Stelle des Vorgängerbaues errichtet, dessen Bausteine zur Befestigung Wiens gegen die Türken verwendet worden sind. Italienische Künstler wie Antonio Canevale oder Cipriano Biasino brachten diese neuartige Bauweise erstmals bei einem Wiener Sakralbau zur Ausführung.

Die Dominikaner Kirche ist die zweitgrößte Kirche Wiens. Das Innere des Kirchenschiffes und die das wunderbare Deckengemälde gehören zu den schönsten Kulturjuwelen Wiens. Das imposante Kirchenschifft misst 46 mal 21 Meter und weist eine Höhe von 22 Meter auf. Das Deckengemälde beschreibt Szenen Mariens, das Hochaltarbild stammt von Leopold Kuppelwieser. hin. Der weite, hohe Innenraum wird von der freskenbemalten Flachkuppel beherrscht.

WIE IM HIMMEL

08

Pfarrkirche Johannes Nepomuk

Die Johann-Nepomuk-Kirche wurde von 1841-46 im frühhistoristischen Stil wiedererbaut, wirkt aber im Inneren durch die doch überraschend sparsame Ausstattung eher modern. Interessant ist die umlaufende Empore entlang des Kirchenschiffs. In dieser Kirche wurde 1862 Johann Strauß mit seiner ersten Frau Henriette getraut. Vis a vis befindet sich auch eine der Wohnstätten des Walzerkönigs Johann Strauss.

Der große, 600 kg schwere Luster aus Messingguss in der Mitte des Hauptschiffs entging im Zweiten Weltkrieg durch eine glückliche Fügung der Edelmetallsammlung. Er war bronzefarben gestrichen, sodass die Kommission glaubte, er sei aus Holz und der Pfarrer hat nicht widersprochen.

WIE IM HIMMEL

09

Peterskirche

Die Peterskirche war der erste Kuppelbau des barocken Wien. Sie wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts von Lucas von Hildebrandt anstelle der ältesten Kirche Wiens errichtet.

Das prunkvolle Innere des von der ovalen, 56 Meter hohen Kuppel überhöhten Zentralbaues ist mit allen Mitteln einer überlegenen Dekorationskunst zu höchstem farbigen Glanz gesteigert. Der zylindrische Zentralraum ist auf längsovalem Grundriss mit größeren Kapellen in der Querachse und kleineren mit darüber liegenden Emporen in den Diagonalachsen. Der von der Kuppel überdeckte Hauptraum öffnet sich in den untern Teilen in vier großen und vier kleinen Bögen in Kreuzform. Die Chorkuppel, deren Seiten die Ortatorien durchbrechen, wird durch eine von Antonio Galli-Bibiena gemalte Scheinarchitektur erhöht.

WIE IM HIMMEL

10

Kaiserkapelle (Kapuzinerkirche)

Die im Gegensatz zur schlichten Gestaltung der übrigen Klosterkirche überaus prunkvoll ausgestattete Kaiserkapelle enthält neben dem Hochaltar mit einem besonders verehrten Mariahilf-Bild eine Reihe von lebensgroßen Statuen von Regenten aus der Familie Habsburg. Die Kapelle erhielt wiederholt Schenkungen des Kaiserhauses. In späterer Zeit entwickelte sich die Kapelle zu einem wichtigen innerstädtischen Wallfahrtsort der Wiener und des Adels. Die Kaiserkapelle ist das einzige in Wien erhalten gebliebene Beispiel italienischer Hochrenaissance.

Im Bereich unter der Kaiserkapelle befindet sich die sogenannte Gründergruft, der älteste Teil der Kapuzinergruft, in welcher die Bleisärge von Kaiser Matthias und Kaiserin Anna stehen.

WIE IM HIMMEL

11

Spitalskirche Speising

Die von 1908 bis 1910 erbaute Erziehungsanstalt der Schulbrüder wurde bereits 1913 als Waisenhaus und Taubstummenanstalt umgestaltet. Diese Funktion hatte es bis 1938 inne. Die Nationalsozialisten übereigneten das Gebäude dem Land Niederösterreich und planten, hier eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt einzurichten, doch während des Zweiten Weltkriegs wurde es als Lazarett verwendet. 1949 wurde das Kinderspital mit zwei Abteilungen wieder eröffnet.

Die Kirche wurde als heller und schlichter historischer Bau für ein Waisenhaus errichtet Das Rondo (Rundgang), ein weiträumiger kreisrunder offener und über dem Weg gedeckter Zugang vor dem Haupteingang, stimmt die Besucher auf dem Weg zur Kirche besonders ein. Für die Bedürfnisse eines Spitals wurde seitlich ein geschlossener Verbindungsgang zu den Pavillons errichtet.

WIE IM HIMMEL

12

Pfarrkirche Liesing

Die Rundkirche ist das größte Gotteshaus im Stadtdekanat 23. Der Gottesdienstraum der Kirche ist leicht oval und hat eine Größe von ungefähr 24,5 mal 26,5 Metern. Aus jeder Sichtachse öffnet sich ein freier Blick zum Altar. Die Kirche hat eine gebrochene Hauptachse, wodurch der Bauplatz besser genutzt werden konnte.

Die Decke der Kirche symbolisiert einen ins Wasser geworfenen Stein, der seine Kreise zieht. Vom Altar soll das Geheimnis des Erlösungsopfers Christi beim Gottesdienst auf die Gläubigen ausgestrahlt werden. Oben durchbricht ein Kranz aus 32 Kunstfenstern die Außenmauern, dessen Thema Heilige und heiligmäßige Menschen aus Österreich lautet. Die Fenster sind von einem reich gegliederten Maßwerk aus Kunststein umgeben. Das Fenster der Ehrentrudis wurde von Franz Deéd, die anderen wurden von Martin Häusle aus Feldkirch gestaltet. Die helle Fensterbemalung lässt viel Tageslicht in die Kirche scheinen.

WIE IM HIMMEL

13

Friedhofskirche zum heiligen Karl Borromäus

Die Kirche ist in ihrer architektonischen und künstlerischen Gestaltung dem Jugendstil zuordenbar, weist aber auch unter anderem Elemente ägyptischer Baukunst auf. Sie wurde von 1908 bis 1911 nach Entwürfen des Architekten Max Hegele errichtet. Die Oberkirche befindet sich rund 3 Meter über dem Niveau des Friedhofs und kann über drei breite Freitreppen erreicht werden. Darunter befindet sich die als Gruftanlage dienende Unterkirche.

Die Unterkirche liegt ca. 5.5 Meter unter dem Hauptkirchenraum. Sie dient mit 40 Bodengrüften als Begräbnisstätte. Die Form ihres Grundrisses entspricht im Wesentlichen jener der Oberkirche. Im Zentrum, unterhalb der Kuppel, ist in der Decke ein Oberlicht aus Glasbausteinen eingelassen und der Raum arenaartig abgelenkt. Im Gegensatz zur Oberkirche ist der Raum sparsam ausgestattet und besticht durch seine Einfachheit und Klarheit.

WIE IM HIMMEL

14

Piaristenkirche Maria Treu

Die barocke Kirche hat einen Innenraum mit äußerst kompliziertem Grundriss. Das Zentrum des kreuzförmigen Zentralraums bildet ein fast kreisförmiges Oval mit flacher Kuppel, das von zwei größeren und vier kleineren Seitenkapellen umgeben ist; durch die nach innen schwingenden Wände entsteht ein ungewöhnlicher Raumeindruck.

Imposant sind die Deckenfresken von Maulbertsch: fünf Kuppelfresken, die der bedeutendste Maler des österreichischen Spätbarocks in den Jahren 1752 und 1753 schuf. In der Hauptkuppel befindet sich eine Darstellung der Aufnahme Mariens in den Himmel, während den Rand Szenen aus dem Alten und Neuen Testament bilden. Alle Figuren sind ineinander verschlungen, wie in einem wogenden Fluss; in der Komposition dominiert die Farbe über die Kontur.

WIE IM HIMMEL

15

Antoniuskapelle Maria Treu

Antonius von Padua ist einer der beliebtesten Heiligen und wird oft als Wiederbringer nicht nur von Gegenständen, sondern auch von Glaube, Liebe oder Hoffnung angerufen. Die Antoniuskapelle im rechten Flügeltrakt der Piaristenkirche hieß früher Calasanz-, Kreuz- und Marienkapelle.

Die  interessantem Rokokorahmen-Decke mit einfachem klassizistischen Stuck wird bekrönt von einem Engelfresko zu Ehren der heiligen Maria.

WIE IM HIMMEL

Das Langzeitprojekt dokumentiert den ewig unrunden Versuch des Menschen, eine harmonische und symmetrische Ordnung der Dinge zu finden. Da die kunsthistorische Bedeutung bei der Auswahl der Motive nicht im Vordergrund steht, führen meine Wege abseits touristischer Routen auch oft zu Baujuwelen, die in keinem Reiseführer vermerkt sind.

Sind Sie am Projekt interessiert?

Dann schreiben Sie mir!

© Copyright - 2024 Gerd W. Götzenbrucker